Ihr kommt ursprünglich aus Krefeld, lebt aber inzwischen alle in Düsseldorf!? Erzählt doch mal, wie ihr zusammen gekommen seid!
Maziar: Stimmt, wir waren bereits in Krefeld Proberaumnachbarn mit unseren alten Bands und schon damals fand ich Yoko´s Art Gitarre zu spielen sehr ausdrucksstark und Yoko hat wohl Ähnliches über mich gedacht. Nachdem wir uns dann 2006 als Trio gefunden und definiert hatten, entwickelte sich so ein produktiver Kollektivrausch, wo wir merkten, dass AAA das Ergebnis von drei kreativen Köpfen ist, nicht von einem Einzelnen. Ich hab da einfach ein enormes Potenzial bei uns gesehen. Und ja: wir wohnen jetzt alle drei in Düsseldorf, der Proberaum ist nur ein paar Minuten entfernt und wir haben diese geile Platte am Start!
Yoko: Till hatte uns bei einem Festival gesehen und für sich beschlossen, irgendwann mal bei uns einzusteigen. Der war so ziemlich bei jedem Auftritt von uns und hatte bereits Schlagzeug-Erfahrungen in anderen Bands gesammelt. Und als Steven dann seinen Abschied verkündet hat, hab ich einfach zum Hörer gegriffen und Till gefragt: Hast du nicht Lust bei AAA einzusteigen? Nach sehr langen 10 Sekunden Pause gab es am anderen Ende der Leitung nur ein knappes, aber klares „Ja“. Kein Geschwafel, sondern lediglich eine kurze Terminabsprache wegen der ersten Probe, das war´s. Seitdem spielt Till die Drums.
Maziar: Und die erste Probe ist dann auch direkt super verlaufen, Till hat durch seine sehr körperliche Spielweise den Sound richtig voran getrieben und konnte den Sound der bereits bestehenden Songs sofort 1:1 umsetzen, bzw. letztendlich hat er sie mit seiner energischen Spielart noch mal ein Stückchen bereichert.
Woher kommt der hohe Popanteil in eurem Noiserock?
Maziar: Feedbacks mit Melodien zu verzieren oder umgekehrt, fand ich als Hörer schon immer faszinierend, unabhängig vom Genre. Für mich ist erst mal wichtig, dass wir eine Rockband sind, egal in welche Schublade man uns dann schieben will. Es ist der klassische Rock´n Roll-Spirit, der mich antreibt, z.B. das Publikum mit Sound und Lautstärke an die Wand zu quetschen, so wie bei dem Konzert im BluNoise, wo du uns gesehen hast.
Yoko: Mir sind solche Kategorien nicht wichtig, sind es noch nie gewesen. Was uns ausmacht sind die Energie und die Wucht in dem Ganzen. Schwer vorstellbar wäre es, Songs zu schreiben, die expliziter über die Textebene funktionieren, also die Musik in den Hintergrund verdrängen.
Maziar: Wir haben früher mal mit Keyboards experimentiert, haben aber festgestellt, dass wir das auch mit unseren (Holz-) Instrumenten umgesetzt bekommen, so einen vielschichtigen und organischen Sound zu machen. Da haben wir uns ganz bewusst zurück entwickelt, zur Ursprünglichkeit von Rockmusik.
Yoko: Es ist ja auch so, dass das keine üblichen 08/15-Songstrukturen sind, sondern: das was flowt, wird beibehalten, das was nicht flowt wird liegen gelassen und vielleicht sogar später noch mal raus gekramt: so einfach ist das. Es gibt niemanden bei uns, der die Stücke zu Hause noch nacharbeitet, bzw. krampfhaft irgendwas versucht, was im Proberaum nicht entstehen will.
Inwiefern spielt das Artwork eine Rolle im Gesamtausdruck und warum sind die Texte nicht abgedruckt, die hättet ihr doch über das Innenfoto legen können?
Yoko: Wieso? Das ist doch eine super Panoramaaufnahme! Das Innenfoto zeigt den Schatten meiner Nichte in ihrem Maxi-Coso. Mein Bruder Fabian hat uns einen Riesenhaufen Fotos aus seinem Fundus überlassen und beim Durchstöbern fiel uns dann diese Foto mit der alten HiFi-Stereoanlage meines Bruders in die Hände. Die Typograhie und die Liner-Notes haben sich dann wie von selbst ergeben. Mir ist während der Arbeit an den Linernotes aufgefallen, dass „Forget about the Net, Baby“ der älteste Bandsong ist und irgendwie immer das Leitmotiv für unsere Song- und Soundvision war und somit das Gesamtalbum deutlich beeinflusst hat. Die Tatsache, dass ausgerechnet dieser Song das Album eröffnet, war allerdings die Entscheidung von Guido Lucas.
Mal was anderes: benutzt ihr eure Texte eigentlich auch zur politischen Äußerung?
Maziar: Wir sind zwar politische Typen, aber keine politische Band. In unseren Texten verarbeiten wir eher Szenen aus unserem Alltag als Quelle der Inspiration.
Yoko: Wir haben allerdings konsequent über die Jahre einige kirchliche und parteiliche Veranstaltungen nicht gespielt, trotz konkreter Anfragen. Persönlich haben wir natürlich eine Meinung: die aktuelle Einwanderungsdebatte zum Beispiel bringt mich natürlich permanent zum kotzen. Das ist unterlassene Hilfeleistung, wie sich Europa da verhält.
Maziar: Diese Überfremdungsangst ist dabei das Ekelhafteste an der Sache, v.a. hier in Deutschland. Spätestens wenn in der eigenen Nachbarschaft Fremde unter kommen sollen, kocht die Stimmung zügig hoch. Europa predigen, aber Deutschland denken, da könnte ich kotzen.
Werdet ihr zukünftig auch mal eine klassische Tour machen?
Maziar: Das wäre schön! Aber leider ist Booking-Kaltaquise ein hartes und undankbares Brot. Hinzu kommt, dass wir sperrig genug sind, um uns viele Türen verschlossen zu halten, ha ha… Festival-Veranstalter z.B. können mit uns nichts anfangen, sondern booken dann lieber eine befreundete Band. Von 20 Anfragen meinerseits, bekommen wir nur eine konkrete Rückmeldung, was ist das für ein miserabler Schnitt? Deswegen kommen unsere meisten Konzerte auch eher in privaten, bzw. sehr speziellen Kontexten zustande. Weil wir die Leute halt irgendwie persönlich kennen. Der Auftritt im Hamburger Thaliatheater kam z.B. über einen Freund zustande, der dort arbeitet, also, totaler Zufall.
Yoko: 2011 waren wir 12 Stunden am Stück im großen Saal des Theatermuseums Düsseldorf, wir haben uns selbst da einen Tag lang ausgestellt, standen da als lebende Kunstwerke rum und haben unter dem Motto „Eine Band, ein Raum, ein Tag“ den Song „Where is all that Sound?“ unter Beobachtung von mitunter recht seltsamen Kauzen aufgenommen und noch während dieses mehrtägigen Kunstfestivals veröffentlicht; übrigens war das auch Steven´s Abschiedskonzert, kann man sich auf unserer Homepage saugen, genau wie unser Album.