Nachdem sich im Kapitalismus alles um Effektivität dreht, Zeit nun mal Geld ist und sich bei mir wieder ganz viele Platten gesammelt haben, hier nun einige kurze Reviews zu Platten über die ich gerne mehr geschrieben hätte:
Human Abfall – Form und Zweck
Hätte der Altmeister Jens Rachut in einer Postpunk-Band Gesungen, würde sie wohl ähnlich wie Human Abfall klingen. Nach ihrem Debut Tanztee von Unten haben die Stuttgarter Ende April nun nachgelegt.
Und neben Songnamen wie Knietief im Falschen, Realismus Verpflichtet oder Q: Wo Ist Franz? A: Im Dschihad, kryptisch-politischen Texten, die meistens aber sehr repititiv und einfach gehalten sind lebt die Platte auch von minimalistischen Arrangements, die teilweise auch in Klangwände aufgehen. Die CD kommt übrigens mit dem Bonustrack Von A nach B, der das Umdrehen einer Platte simulieren soll.
Kaptain Kaizen – Einatmen, Ausatmen
Leider sind zu wenige Bands mutig genug, Alben in klassischer DIY-Manier herauszubringen wenn sie kein Label finden. Kaptain Kaizen, die über das Grenzgebiet von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verteilt leben, haben sich das mit ihrem Debut Einatmen, Ausatmen schließlich getraut. Sie sind wohl irgendwo zwischen Punk, Indie und Hamburger Schule einzuordnen, also nicht ganz so brachial und Plump wie klassischer Punk, nicht ganz so fuzzy wie die frühen Tocotronic und nicht so weichgespült wie deutschsprachiger Indie in der Regel ist. Lyrisch wird hier einmal mehr das Persönliche zum Politikum ohne das schöne Parolen wie „Fick dich Leitkultur“ untergehen oder peinlich anmuten. Einziger Kritikpunkt ist der Gesang, der leider irgendwie nicht so ganz passt, entweder melodischer oder rauer wäre schön aber naja, vielleicht ja auf der nächsten Platte. Zu haben ist das gute Stück übrigens hier: kaptainkaizen.bandcamp.com
Leoniden – Two Peace Signs
Jakob Amr scheint wirklich alles zu können. Egal ob Songwriter Screamo, HipHop-Postrock oder eben Indiepop wie bei Leoniden. Die EP Two Peace Signs geht mit dem großartigen Indiediscohit der Herzen 1990 eröffnet, wird danach aber leider für meinen Geschmack etwas zu poppig. Schade darum, ein wenig mehr Ecken und Kanten hätten dem ganzen gut getan.
Modern Baseball – Holy Ghost
Emopunk in allen seinen Facetten erfährt in den letzten Jahren wieder ordentlich Aufwind. Eine der wohl am meisten gefeierten Bands des Newschool Emo sind wohl Modern Baseball, die im Mai ihre zweite Platte veröffentlicht haben. Das Echo zu Holy Ghost ist auch zurecht ziemlich positiv, immerhin haben es Modern Baseball geschafft Erwartungen zu erfüllen ohne dabei langweilig zu werden. Wer einen Sommersoundtrack in E-Moll sucht, wird wahrscheinlich mit dem EmoPowerPopPunk von Modern Baseball äußerst glücklich, es macht eben doch Spaß zu Tanzen und dabei die eigenen Probleme herauszuschreien.
Pity Sex – White Hot Moon
Wo wir gerade bei Powerpop sind – Was Pity Sex machen lässt sich wohl als Indie mit Noiserock-Anleihen bezeichnen. Und das machen sie auch äußerst gut. Zwischen bittersüßen Balladen wie Dandelion und treibenden Songs wie What Might Soothe You und verträumteren Songs wie Burden You schafft das Quartett, dass über ca. 40 Minuten Spielzeit kein bisschen langeweile aufkommt, was nicht auch zuletzt an den Stimmen von Gitarristin Britty Drake und Gitarrist Brennan Greaves liegt.