Im Gespräch: Neonschwarz

Photo © by Till Gläser 2014

Neonschwarz – Wer seid ihr, was macht ihr?

Mauser: Wir sind Marie Curry, Captain Gips, Spion Y und Johnny Mauser, sind alle eigenständige Künstler_innen und haben uns zum Projekt Neonschwarz zusammengefunden. Wir machen politischen Zeckenrap, der aber im Kostüm eines schillernden freudigen Projekts daherkommt.

Was gibt es zu Fliegende Fische zu erzählen und wieso sollte ich sie mir in den Plattenschrank stellen?
Marie:
Das ist die erste Platte wo wir wirklich alle vier lange und zusammengeschweißt zusammen daran gesessen sind. Bei Unterm Asphalt der Strand, der EP davor haben wir uns erst den Namen gegeben, da war das alles noch relativ neu und Fliegende Fische war eben das erste mal, das wir als Vierergespann zusammengearbeitet haben und wir finden es ist sehr sehr schön geworden.

Spion Y: Gutes HipHop Album, gibt’s in blau zu kaufen wenn man sich beeilt.
Mauser:
”Konzeptalbum”

Was für ein Konzept steckt denn dahinter?
Naja wir haben den Titel Fliegende Fische, das Artwork und die Idee mit dem Floß schon relativ früh entwickelt und dementsprechend unsere Texte unter den Themenkomplex Freiheit, Utopien und aus dem Element ausbrechen heruntergeasst haben und eben in diesem Feld geblieben sind, deswegen können wir schon sagen, dass das ein Konzeptalbum ist auch wenn sich jetzt nicht unbedingt ein roter Faden durch das Album zieht. Auch musikalisch ist es deutlich HipHoplastiger als die EP davor, es sind weniger elektronische Elemente drin, also mehr ein klassisches HipHop Album aber die Stimmung der Songs ist schon unterschiedlich.
Marie: Das schwankt immer zwischen den Polen Beschäftigung mit der Realität und so einem utopischen, träumerischen nach vorne sehen.
Gips: Eigentlich spiegelt unser Name das schon wieder, Neonschwarz und Fliegende Fische, das kämpferische und das schöne Leben, zu sehen und zu kritisieren was scheiße läuft.

Ihr habt ja fast alle auch noch andere Projekte am laufen, seid ihr Workaholics?
Das ist doch keine Arbeit, das macht ja Spaß!
Spion Y: Dummerweise müssen wir aber nebenbei arbeiten. Aber in dem Fall stimmt das schon ein bisschen.
Mauser: Das ist halt auch eine leidenschaftliche Sache. Ich glaub du schaffst nicht in Erlangen total weit weg von zuhause zu spielen wenn du nicht workaholicmäßig total viel reininvestierst. Auch wenn sich die Arbeit nicht finanziell lohnt haben wir uns das eben so über die Jahre aufgebaut, also das kam nicht erst mit dem Album. Wir sind halt dann am Wochenende unterwegs während andere zuhause entspannen, und unter der Woche ein bisschen Geld verdienen.
Gips: Arbeit ist halt auch nicht immer Spaß aber muss eben leider sein.

Wie habt ihr zusammengefunden?

SpionY: Mauser und ich kennen uns schon lange durch verschiedene HipHop Projekte.
Mauser: Gips und ich haben mal in Itzehoe kennengelernt, ner kleinen Stadt nördlich von Hamburg. Da ging HipHopgeschichtlich auch sehr viel also Sammy Deluxe und Absolute Beginner zum Beispiel, ist sehr wichtig für die Hamburger HipHop-Szene. Und wir haben uns ein Paar Jahre später auch da kennengelernt.
Marie: Johnny und ich waren seit Jahren im selben Freundeskreis, dann haben wir On A Journey gemacht und so hab ich auch Gips kennengelernt.
Mauser: Vielleicht auch ungewöhnlich wenn das erste, was man zusammen macht dann so gut angenommen wird.

Trotz teilweise recht ernsten Texten hat Neonschwarz eine viel positivere Attitüde als euere anderen Projekte, braucht ihr das als Ausgleich?
Ich glaub das passiert halt einfach
Marie: Wir haben aber auch ernstere Sachen auch wenn die Grundstimmung deutlich positiver ist. Wahrscheinlich passiert das einfach wenn wir aufeinandertreffen.
Mauser: Ist aber nicht so, dass wir jetzt mit einer geheimen Strategie da rangehen aber es ist natürlich schon so, dass wir Lust haben positiveren Sound zu machen, der dann natürlich mehr Leute anspricht als wenn wir uns in diesem aggresiveren, düsteren Feld bewegen würden, da haben wir auch das Gefühl nicht so schnell mit Leuten in Kontakt zu kommen. Also auf Festivals zum Beispiel ne andere Athmosphäre zu kreieren so ist es auch ganz nett und im zweiten Schritt dann auch über ernstere Themen zu sprechen, das selbe auch mit Singleauskopplungen, erst mal was positiveres und dann eben auch was ernsteres, quasi um zu sagen “Hey, es gibt auch noch andere Themen über die wir sprechen.
Marie: Wir machen uns aber auch Gedanken wie das Live kommt, was uns bei dem Album auch gut gelungen ist.
Spion Y: Uns war aber auch eine Vielfalt auf dem Album wichtig, also eben nicht nur fröhliche Songs sondern auch was anderes dazwischen.

Melancholie und Hedonismus, wie passt das zusammen?

Mauser: Perfekt! Also dieses ausbrechen, wenn man sagt die Melancholie ist da, die gesellschaftlichen Verhältnisse sind scheiße, mir geht’s scheiße ist Hedonismus natürlich eine Möglichkeit kompensatorisch damit umzugehen, zu sagen für den Abend geht man mal raus, hat Spaß und vergisst das ganze.
Gips: Es wäre ja auch niemandem geholfen wenn wir die ganze Zeit nur rumhocken würden.
Mauser: Das ist ja eigentlich auch Audiolith generell ein bisschen.
Marie: Außerdem muss man ja ab und zu Feiern um ein bisschen Energie zu sammeln um etwas zu verändern.

Deutschrap muss sterben damit wir leben können – Wie setzt ihr euch mit Szeneproblematiken auseinander?
Gips:
Der Satz hätte auch von uns kommen können glaube ich.
Spion Y:
Das Allgemeinbild von deutschem Rap ist halt wegen diesen Idioten schlecht.
Mauser:
Wir stellen uns immer die Frage wie viel wir da mitspielen. Du kannst ja wenn du HipHop-Musik machst und dir mit anderen HipHop Musikern die Bühne teilst nicht sagen die sind alle kacke, wir haben halt eine klare Grenze was geht und was nicht geht, also wir sagen zum Beispiel klar, dass Trailerpark sexistische Scheiße machen und wir keinen Bock darauf haben aber deshalb prüfen wir nicht jeden Rapper und sagen die Szene ist generell scheiße.

Gips: Das wird ja aber im Moment auch besser, es kommen ja immer mehr Leute die was zu sagen haben oder zumindest nicht diese homophobe, sexistische Scheiße bringen.

Marie: Eine Zeit lang war ja der Eindruck, dass sowas fast zwangsläufig zu HipHop gehört, das wird definitiv besser.
Mauser: Es sind viele Idioten, die das machen aber gleichzeitig war es ein Hochschaukeln, da standen dann die Rockerbanden vor der Tür und einer hatte den krassesten Bizeps, den man sich vorstellen kann, da geht dann irgendwann einfach nicht mehr und dann wird das ganze auch langweilig, das war dann wahrscheinlich der Punkt an dem dann andere Leute größer rausgekommen sind.

Ihr wart ja vor ein Paar Wochen auch bei Prosieben zu sehen und habt das ganze doch etwas zwiespältig kommentiert, könnt ihr dazu etwas mehr erzählen?
Marie:
Wir haben im Vorfeld viel darüber diskutiert aber letztendlich war es dann so, dass wir gesagt haben wenn wir immer nur in diesen selben Zirkeln spielen, dass wir uns dann im Kreis drehen und wir viel weniger Leute und auch den Mainstream erreichen, ich persönlich würde ja sagen wenn der Mainstream cool wird, wenn er nach links rutscht ist alles gut oder zumindest besser.
Spion Y: In den Kommentaren dazu kamen auch Aussagen wie “ Cool, dass ihr das auch nach außen tragt”.
Marie: Wir diskutieren immer viel darüber was wir machen und was nicht, eine Frage ist auch immer zwischen wem und welchen Beiträgen wir auftauchen möchten. Das ist schon eine schwierige Frage aber manchmal muss man sich mittenreinschmeißen um zu zeigen, dass was komisch ist.
Gips: Wir haben viele Jahre auch nur auf linken Events gespielt, das macht auch sehr viel Spaß aber man erzählt eben Leuten die eh schon bescheid wissen was falsch läuft. Vielleicht erreichen wir über poppigere Songs eben auch andere Leute mit den Messages wenn sie die CD kaufen.
Mauser: Wir wissen auch, dass unsere Möglichkeiten total limitiert sind. Also wenn wir bei Prosieben zu sehen sind wissen wir, dass wir nicht so viel erreichen. Es gibt einfach keinen coolen Fernsehsender, das ist auch ein gewisses Ohnmachtsgefühl, denn um audiovisuell wahrgenommen zu werden musst du eben auf sowas zurückgreifen und dann werden eben auch Leute wütend wenn jemand hingeht.

Wie sieht es eigentlich mit eurem musikalischen Werdegang aus?
Marie:
Wir sind mit dem Album etwas mehr in Richtung Oldschool gegangen, ein bisschen poppig ist das ganze trotzdem noch aber die elektronischen Elemente von der letzten EP fehlen.
Spion Y: Also wir sind durch das Touren und den Entstehungsprozess des Albums auch mehr zusammengewachsen.
Mauser: Und es gibt nicht so viele Crews auf der Bühne, meistens sind das ja eher Solokünstler und noch dazu haben wir mit Marie eine Frau dabei, die singt und rappt was ja auch nicht so oft vorkommt.

Die Flüchtlingsproblematik ist momentan wieder in aller Munde und auf einmal wollen
wieder alle helfen. Kommentiert das doch bitte mal.
Es gibt da auch immer diese Betroffenheitsding, da werden die Menschen dann in so eine Opferrolle gedrängt, also so stigmatisiert als die armen schwarzen nichtskönnenden aus Afrika.
Die haben ja was drauf, also ein Empowerment ist schon sinnvoll und machbar.
Gleichzeitig ist es schon recht cool wenn da diese 50 Omis und Opis bei einem Flüchtlingsheim helfen. Noch schlimmer ist es ja auch wenn es nicht mal diese hilfsbereiten Leute gibt wobei diese geheuchelte Hilfsbereitschaft wobei sich diese Leute durch das was sie machen alltagsrassistisch sind.
Marie: Naja außerdem wurde zwar gesagt, das 10.000 syrischen Flüchtlingen Asyl gewährt wird aber wegen diesem bürokratischen Aufwand war es dann doch nur ein Bruchteil. Das klingt auch ein bisschen nach Zweiklassenflüchtlingen, den einen wird geholfen, das wird dann auch schön dargestellt aber dann werden wieder so viele Menschen abgeschoben.

Gips: In Hamburg leben da auch zehntausende in Containern zwischen Autobahn und Müllverbrennungsanlagen und kriegen jeden Tag das selbe zu essen, das wissen auch die wenigstens.
Mauser: Es sind aber auch unglaublich wenige Menschen, die in dieses Europa überhaupt reindürfen.
Marie: 98% der Leute kriegen den Antrag hier nicht bewilligt, aber in den Nachbarländern von diesen Krisengebieten stapeln sich die Leute und in so einem reichen Land kommt so ein kleiner Prozentsatz überhaupt an.

Marie, steht bei dir eigentlich auch mal ein Soloalbum zur Debatte?
Die Anderen fragen mich das auch schon die ganze Zeit! Grundsätzlich hätte ich da schon Lust drauf aber momentan scheitert es einfach auch an der Zeit weil ich momentan so vollgepackt mit allem möglichen bin.
Mauser: Juni 2015 kommt das Album spätestens!

Marie: Naja aber so alleine auftreten… Ich finde es schön wenn immer alle dabei sind. Also alles alleine zu machen und zu entscheiden hätte ich schon Bock drauf aber dann so alleine im Backstage sitzen…
Gips: Wir kommen einfach trotzdem mit und feiern im Backstage!

 

 



Dieser Beitrag wurde am von Lukas veröffentlicht • Kategorie: Interviews • Tags:






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