Alte Liebe rostet nicht lautet ein altes Sprichwort. Sprichwörter sind zwar meist pathetischer Schwachsinn, das tut meiner Liebe zu den Husumern Turbostaat jedoch keinen Abbruch, entsprechend gespannt habe ich auch auf das mittlerweile sechste Album Abalonia gewartet, das am 29. Januar endlich erscheint.
Musikalisch haben sich Turbostaat auf Abalonia – wie die Vorabveröffentlichung Abalonia schon angedeutet hat – weiterentwickelt, die Platte ist größtenteils etwas ruhiger, melodischer, weniger dissonant und lässt teilweise noch mehr an Post-Rock denken. Mit Die Arschgesichter ist beispielsweise ein fast nur von zwei Gitarrenmelodien getragener Song auf der Platte, mit dem fast schon epischen Wolter wird auch zum ersten mal die Sechs-Minuten-Marke geknackt. Gleichzeitig sind aber mit Ruperts Grün uns Totmannkopf auch für die Husumer typische melancholische Hymnen dabei. Der Opener Ruperts Grün weist gleichzeitig auch in das Konzept hinter Abalonia:
„Komm mit mir
Wir bleiben nicht zum Sterben hier.
[…] Denn alles ist besser als der Tod!“
Der Antagonismus zeigt sich im nächsten Song, Der Zeuge:
„Stolz gesoffen auf die Fahnen
und die Gnade der reichen Geburt.“
Auf Abalonia positionieren sich Turbostaat so offensichtlich politisch wie selten, beschreiben den Herbst, in dem es zu deutsch in Kaltland wurde und liefern dazu noch einiges an intelligenter Kapitalismuskritik. Die Ereignisse der letzten Monate kamen keineswegs überraschend und so beschreiben Turbostaat nach Neonschwarz und der Antilopen Gang sehr treffend die Gegenwart obwohl die Texte großenteils schon 2014 geschrieben waren. Aller politischer Klarheit zum Trotz behalten Turbostaat aber ihre wundervolle Kryptizität
Auch wenn sich Turbostaat auf Abalonia musikalisch noch weiter vom klassischen Punk entfernt haben, passt dieser Stempel vielleicht besser auf sie als auf die meisten Bands einschlägiger Labels, die nur die tausendste Wiederholung von schon einmal dagewesenem veröffentlichen, oder wie im Promotext steht: „Eins dürfen wir nie vergessen: Punk ist nicht Malen nach Zahlen. Es ging und geht hier um Selbstermächtigung und das Infragestellen jeglicher Grenzen.“