Document 6 – Das vierte Reich

Document 6, eine Hardcore Band aus Heinsberg, haben eine Demo-CD produziert, welche den nicht unproblematischen Titel Das vierte Reich trägt. Auf dieser Scheibe präsentieren sie 16 Songs, welche alle in Eigenregie aufgenommen und abgemischt wurden. Musikalisch zu hören gibt es Hardcore, mit Punk, Deathmetal und Grindcore Anreicherungen. Die Stücke sind laut, trashig, extrem und vor allem aggressiv. Document 6 bezeichnet diesen Stil als Hardcore-Holocaust. Diese Bezeichnung ist, ebenso wie der Albumtitel, natürlich mehr als provozierend – aber selbstverständlich beabsichtigt von Seiten der Band.

Document 6 besteht aus Sascha (Guitar), Rollo (Drums), Ryu (Voice) und Eileen (Bass). Gefunden haben sich die vier im Jahr 2012 und verwenden seitdem die Bezeichnung Hardcore Holocaust. Auf ihrer Website erläutern sie, dass dieser Name aus politischen und gesellschaftlichen Gründen gewählt wurde. Ihr selbst ernanntes Ziel ist es, an den Holocaust zu erinnern, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben. Gleichzeitig wurde der Begriff auch aus musikalischen Gründen gewählt. Vorbild hierfür waren zwei Sampler aus den ´80ern mit dem Titel Hardcore Holocaust – The Peel Sessions. Auf diesen Vinyls sind Bands wie Doom, Electro Hippies sowie Napalm Death vertreten. Insgesamt begreift Document 6 Hardcore Holocaust also als etwas, an dessen Ende immer die Katastrophe steht.

Die Songs mit denen die Band an den Holocaust erinnern möchte sind, wie bereits gesagt, durch und durch aggressiv. Der Gesang ist eben kein Gesang, sondern besteht ganz hardcorelike nur aus rauem Geschrei. Noch finsterer wirkt dies durch Gekreisch- und Pistolenschuss Elemente. Musikalisch gesehen ist dieses Album durchaus ordentlich produziert und die Gitarrenriffs können sich hören lassen.

Aus politischer Sicht hat mir dieses Album aber wirklich Kopfschmerzen bereitet. Hardcore Holocaust ist wie ich finde eine schwierige Bezeichnung – auch wenn die Band sich darauf beruft, diesen Namen nicht erfunden zu haben. Noch schwieriger finde ich es allerdings, wenn man die Gewalt des Holocaust mit Gegengewalt beantwortet – und das tun Document 6 gerne mal auf Konzerten. Beispielsweise stellten sie einen Kürbis auf die Bühne, an welchem Portraits von Adolf Hitler befestigt waren und zerschlugen diese dann mit Axt und Speer. Sie selbst begründen dies damit, dass sie auf Szenevorgaben scheißen und keine Angst vor Provokation und Konfrontation haben. Ich persönlich sehe das nicht so blumig und sehe darin nur eine Form von Linksextremismus. Den Begriff von „Freiheit“ finde ich nämlich an dieser Stelle zu weit interpretiert. Die Zerschlagung des Kürbisses ist ein öffentlicher Akt der Gewalt. Dass Gewalt keine Lösung ist, da es keine Probleme löst, muss nicht erst gesagt sein. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf Formen der Erinnerungskulturen eingehen. Es gibt viele gelungene und viele gescheiterte Projekte. Es ist gut, an den Holocaust erinnern zu wollen. Auch finde ich, ist Musik kein schlechter Weg. Aber wenn dies ins extremistische abgleitet, ist das nur noch beschämend. Und ich weiß auch nicht, inwieweit beispielsweise der Text vom Song Todessehnsucht an den Holocaust erinnert, wenn es dort nur heißt
Wer hat Angst vorm schwarzen Mann
Er hört dich jaulen…

Im Song Hardcore Holocaust heißt es zudem:
Von unserm Fleisch geweiht
Steht es nun Bereit
Unser Viertes Reich
Es wird niemals untergehen
Unser Stolz der bleibt bestehn

Wenn ich diese Worte von jemandem auf der Straße hören würde, würde ich ihn als Fascho beschimpfen. Es scheint, als ob sie Gleiches mit Gleichem bekämpfen wollen.

Aus musikalischer Sicht ist nichts gegen das Album Das vierte Reich zu sagen. Politisch muss jeder selbst wissen, ob er die Document 6 Provokationen als gelungen einstuft. Ich tue es nicht. Mich erinnert der Akt der Portraitzerstörung leider zu sehr an die Bücherverbrennung der Nazis. Und auf diese Art der Erinnerungsmusik bzw. -politik kann ich verzichten.

 

Details

  • Band: Document 6
  • Titel: Das vierte Reich
  • Veröffentlichung: Ende Dezember 2012 / Anfang Januar 2013

 



Dieser Beitrag wurde am von Rike veröffentlicht • Kategorie: Tonträger Reviews






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