In Concert: Amanda Palmer & The Grand Theft Orchestra @ Klub Proxima, Warschau, 05.11.2013 / @ Klub Studio, Krakau, 06.11.2013

Frage: Wie bringt man hunderte von Leuten zum Auszucken? Man lässt die Band beiläufig Smells Like Teen Sprit anstimmen, schmeißt sich ins Publikum und singt, schreit und hüpft gemeinsam mit den Leuten den ganzen Song hindurch. Unironisch schamlos, wild und laut.

Das war nur ein Highlight der energiegeladenen Show, eigentlich eines ganzen Showpakets von über 4 Stunden, da es Amanda schafft, statt die Vorbands wie üblich als notwendiges Übel abzuhaken, diese in die sehr gelungene Show einzuflechten – ein paar Ansagen hier, ein paar gemeinsame Songs dort, ein bisschen Miley-Cyrus-Twerking, ein Straßenkünstler im Publikum und Äpfel für die ersten Reihen – nein, langweilig wird  einem da wirklich nicht. Dazu konnten auch die Support-Acts Gaba Kulka (unter ihren Einflüssen: Tori Amos und Iron Maiden, yeah!), Die Roten Punkte (Mix aus Elektropunk und Comedy) und Jherek Bischoff (eh auch super) überzeugen.

Das polnische Publikum, das zum allerersten Mal ein ganzes Amanda-Konzert erleben durfte, war dementsprechend begeistert. Und vielleicht war es auch Zeuge der letzten unbeschwerten Tage, da Frau Palmers Bekanntheit und Bedeutung in der Musikwelt immer mehr an Fahrt aufnimmt. Die negativen Auswirkungen machen sich schon in realitätsfernen Statements wie „Tuesday is an artificial construct!“ bemerkbar, was Amanda als Kritik der stringenten Wochentag/Arbeiten-Wochenende/Feiern-Dynamik verstanden haben will.

Sehr geehrte Frau Palmer, wenn man um 5 Uhr früh ins Bett statt aus diesem steigt, lebt man vielleicht schon zu lange in der Traumwelt eines Rockstars, denn für die meisten Leute ist Dienstag eben kein künstliches Konstrukt, sondern bittere Realität auf dem unglamourösen Weg, die Monatsmiete Tag für Tag abzustottern.

Aber wahrscheinlich ist alles nur Kalkül, denn wenn sie dann da steht, halbnackt, mit ihrem verwischten Make-up und verrutschten Kleidern, mit unrasierten Achseln und Beinen, schwitzend, keuchend, provozierend, dann wirkt diese Porno-Trash-Ästhetik wie ein Abziehbild fürs VICE-Magazin, eine Bewerbung als American Apparel Postergirl, denn als schlaue Vermarkterin weiß sie ganz genau, dass einfacher, dreckiger Rock’n’Roll von Slogans und Ikonen lebt.

Ach verdammt, morgen ist wieder Dienstag.

 

 

Setlist Warsaw: tinyurl.com/p4cu2rg
Setlist Krakau: tinyurl.com/q4hqvzq

Amanda Palmer: amandapalmer.net/
Gaba Kulka: gabakulka.com/eng/
Die Roten Punkte: dierotenpunkte.com/
Jherek Bischoff: jherekbischoff.com/

 



Dieser Beitrag wurde am von Dawid veröffentlicht • Kategorie: Konzert Reviews • Tags:






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