Im Gespräch: Torsun von Egotronic

© Mimikry Berlin

Ihr hab erst euer neues Album Die Natur ist dein Feind rausgebracht. Wie kam es zu dieser Rückbesinnung zur Gitarrenmusik?

Torsun: Die reine Elektronik wurde mir zu langweilig, so wie ich gerade finde, dass im Bereich Elektropunk gerade nicht wirklich was Spannendes passiert, was es nicht längst schon gegeben hätte. Also musste ein neuer Ansatz her.

Textlich fehlt der Hedonismus auf Die Natur ist dein Feind komplett. Hast du dich selbst davon wegentwickelt oder kannst du zur Zeit einfach nicht mehr?

Torsun: Immer wieder 3 Tage wach wurde auf dauer auch langweilig. Deshalb mach ich das gerade eigentlich gar nicht mehr. Waren aber bei mir eh immer nur Phasen und wer weiß: viellwicht kommt das ja wieder.

Ich hab mir im Vorfeld auch einige Interviews durchgelesen. Die Antworten die du da gibst sind natürlich deutlich reflektierter als deine Texte auf den ersten Blick wirken. Willst du einfach Wut rauslassen, Provozieren oder die Leute dazu bringen sich mit den Zusammenhängen auseinanderzusetzen?

Torsun: Ein Songtext wird niemals in der Lage sein, ein Buch zu ersetzen. Soll er ja auch nicht. Eventuell macht er Lust, sich mit einem Thema zu befassen. Sollte das gelingen, ist schon viel gewonnen. Ansonsten: Klar will ich Frust ablassen und textlich auf die Kacke hauen.

1945 wurde ja auch überlegt einfach Deutschland durch Israel zu ersetzen. Was sagst du dazu?

Torsun: Wurde das überlegt? Davon weiß ich nichts. Allerdings fände ich es völlig absurd, den Juden vorschreiben zu wollen, wo sie ihre Heimstädte hinstellen sollen. Und dann auch noch direkt zu den Tätern?

Lieber Krankfeiern als Gesundschuften – Was klappt eigentlich immer?

Torsun: Sehnenscheidenentzündung. Hab ich während meiner Ausbildung und der Zeit meiner Arbeitslosigkeit etliche Male angegeben. Ging absolut immer!

Du hast offenbar mal 2 Wochen auf einer Rastplatztoilette gelebt. Erzähl die Geschichte doch bitte mal!

Torsun: Ich hatte einen blauen Müllsack voll Gras mit dabei. Deshalb gefiel mir die Zeit an der Raststädte sehr gut. Die Frauen an der Essensausgabe fanden mich anscheinend bedauernswert lustig, weshalb sie mir regelmäßig Essen hinstellten. Deshalb gab es ne Weile keinen Grund, dort wieder zu verschwinden. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht genau, wie ich dahin kam und warum ich nur 2 Wochen blieb.

Was kickt dich als Musiker eigentlich mehr? Eine große Festivalshow oder eine ausverkaufte DIY Show in nem AJZ?

Torsun: Beides hat seinen Reiz und ich genieße, dass wir mit Egotronic beides ständig wieder erleben können.

Wie habt ihr es eigentlich auf nen Ballermann Fußballsampler geschafft?

Torsun: Da saßen anscheinend ein paar echt lustige Leute bei DA-Music, die die Compilation veröffentlichten. Die wussten genau was sie taten, als sie anfragten, ob sie Ten German Bombers in der Egotronic-Version verwenden dürften. Für mich ging damit ein Traum in Erfüllung, denn was kann man sich mehr wünschen, als dass der gemeine Deutschland-Fan aufstehen muss, um auf der CD einen Song zu überspringen.

Kamen nach Die Band der Vollidioten eigentlich auch Anfeindungen von Leuten von denen du das nicht erwartet hast?

Torsun: Wir verloren einige Fans auf Facebook und ich hatte bis zu dem Zeitpunkt nicht unbedingt damit gerechnet, dass wir Like-Überschneidungen mit den Ideellen Bergdeutschen hätten.

Nach mehr als 10 Jahren Egotronic haben sich sicher auch einige abgefahrene Geschichten angesammelt, erzähl doch mal ein Bisschen.

Torsun: Da du später noch mehrfach …But Alive erwähnen wirst, erzähl ich dir lieber was anderes. Ich spielte nämlich mal in einer Punkband und da waren die unsere Vorband. Sie gingen damals mit Slime auf Tour und bei einer Show spielte ich mit Kalte Zeiten mit. Wir waren zu dem Zeitpunkt bekannter, wurden aber im gegensatz zu …But Alive nie berühmt. Vermutlich auch völlig zurecht.

Gibts auch Shows an die du dich eher ungern erinnerst?

Torsun: Ganz zu Beginn gab es mal eine Show in der roten Flora in Hamburg. Das Publikum wollte unbedingt, dass wir “Terrorismo” spielten, was wir aber nicht mehr wollten. Darauf hin wurde die Stimmung bei den Leuten (in der Mehrzahl Typen) immer aggressiver. Wir starteten damals das Playback und verließen die Bühne. Irgend ein Schreihals aus dem Publikum übernahm dann den Gesang und wir beschlossen, dort nie wieder aufzutreten.

Du hast ja auch einige Nebenprojekte. Wie schaffst dus das alles zusammen hinzubringen.

Torsun: Egotronic hat immer absoluten Vorrang. Nur so klappt das für mich.

Marcus Wiebusch sagte in einem Interview nach der letzten …But Alive Platte kamen Szeneanfeindungen wegen einer starken stilistischen Änderung. Deine Musikalische Umorientierung fällt ja in die selbe Zeit, warst du damit auch konfrontiert.

Torsun: Eigentlich gar nicht, was aber damit zu tun haben könnte, dass ich nie so berühmt war wie er. Keine Ahnung.

Wo wir schon bei …But Alive sind, ihr nehmt ja auch immer wieder Samples her. Sucht ihr dann explizit Samples oder kommen dann mit den Samples die Ideen.

Torsun: Wenn ich für Egotronic Samples verwendet hab, hab ich mir die immer genau ausgesucht. Das Drumherum entsteht bei einem guten Sample dann fast von allein.

Wie kam eigentlich das Walter Schreifels Feature?

Torsun: Walter wurde von Dennis Becker (damals Tomte) auf eine Egotronic-Show im Festsaal Kreuzberg geschleppt. Ihm gefiel das so gut, dass er mich dann über Myspace anschrieb und meinte, dass wenn wir mal ein Feature in Englisch bräuchten, er es gerne machen würde. Ich war natürlich sofort Feuer und Flamme, da ich mit 16 Jahren die Start Today von Gorilla Biscuits geschenkt bekam und seit dem ein großer Fan war.

Neue Platten von denen du wirklich begeistert warst:

Torsun: Die Nerven und neue The Notwist. Beide richtig super!

Platten die jeder mal gehört haben müsste:

Torsun: 70 Minuten ungeklärter Herkunft und Neu von Andreas Dorau, Is This Real von den Wipers und irgend eine Platte wo Jens Rachut singt.

Hast du eigentlich schon mal an ein Jens Rachut Feature bei nem Egotronic Song nachgedacht?

Torsun: Ja, aber ich hab mich noch nicht getraut, ihn zu fragen.

 

 
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Dieser Beitrag wurde am von Lukas veröffentlicht • Kategorie: Interviews • Tags:






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