Wir haben uns lange geweigert und Lebkuchen, Plätzchen, Glühwein & Co., die spätestens seit September auf (welche auch immer) Kundschaft warten, geflissentlich ignoriert. Doch mittlerweile können auch wir dem Druck nicht mehr standhalten und haben die Weihnachtssaison 2013 deshalb bereits eröffnet. Damit machen wir einfach munter weiter und empfehlen mit Niemand hat die Absicht einen Tannenbaum zu errichten Weihnachtsgeschichten der etwas anderen Art. Michael-André Werner und Volker Surmann haben dazu mehr als 30 Berliner Lesebühnenautoren zusammengebracht, die jeweils eine Kurzgeschichte mit weihnachtlichem Bezug beigesteuert haben.
Nicht alles Schenkelklopfer, sondern leider auch der ein oder andere Totalausfall zu verzeichnen, aber dank des ein oder anderen Highlights insgesamt trotzdem das Prädikat empfehlenswert. Wir haben die – vollkommen subjektiv versteht sich – drei besten Geschichten herausgepickt. Lautes Vorlesen an Heiligabend im trauten Familienkries wärmstens empfohlen.
1) Wiedersehen im Advent – Felix Jentsch
Verschmähte Jugendliebe. Wer kennt das nicht? Aber die wenigsten von uns werden Jahre später die Gelegenheit bekommen haben – verkleidet als Wahrsager – an der ehemals Angebeteten unerkannt Rache nehmen zu können. Nur die Reaktion der spießigen Chefs finde ich ein wenig überzogen. Aber auch der neue Job scheint ja Spaß zu machen – jeden Tag mit neuen Menschen zu tun.
2) Der Koffer – Sarah Hakenberg
Eine verzweifelte Tochter sucht – und findet auf Umwegen – das perfekte Geschenk für Ihren Vater. Angefangen bei einem eher stümpferhaften Bastelversuch, geht es weiter mit einem alten Koffer samt Bombendrohung hin zum zugehörigen Zeitungsartikel. Wäre in der Tat mal eine ausgefallene Idee für ein Geschenk. Ob man sich jetzt so wirklich richtig dolle drüber freuen kann lassen wir mal dahingestellt sein.
3) In drei Zügen schachmatt – Paul Bokowski
Das beste kommt zum Schluss: Weihnachtszeit ist auch die Zeit des Bahnfahrens. Wie soll man auch sonst zu den lieben Verwandten kommen? Leider ist es aber nunmal so, dass man mit dem gemeinen Bahnfahrer nicht unbedingt in tiefer Freundschaft verbunden sein möchte, sondern eher im Gegenteil – einfach seine Ruhe haben möchte. Paul Bokowski gibt deshalb drei todsichere Tipps um sich antiautoritär erziehende Mütter samt Bälgern, nervige Rentner oder Alkoholleichen treffsicher vom Hals zu schaffen. Wir wollen an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber der eine Tipp hat mit Körperpflege und der zweite mit warmem Apfelsaft zu tun – und der dritte animiert zur erotisch-besinnlichen Bastelstunde. Brüller. Für die Mutigen unter uns als Selbstversuch durchaus zu empfehlen.
Satyr Verlag. 176 Seiten. 12,90 Euro. ISBN: 978-3-944035-17-8